Österreichische Nationalbibliothek. Am 2. September 2019 fand hier die große Lagenverkostung der beiden burgenländischen Gebiete Leithaberg und Eisenberg statt. Live-Bericht vom Silent-Tasting.
Höchste Konzentration im prachtvollen Augustiner-Lesesaal. Weinjournalisten und Weinexpertinnen, national und international, verkosten die hochwertigen Riedenweine vom Jahrgang 2017 (Eisenberg & Leithaberg Weiß) und 2016 (Leithaberg Rot). Erste Eindrücke:
Blaufränkisch vom Eisenberg zum Frühstück. Warum nicht. Der erste Flight stammt von der Riede Szapary, einer südwestausgerichteten Schiefer-Lage. Ein sehr guter Start mit Groszer Wein – fruchtbetont, griffig, anregend, deutet Mineralität vom Schieferboden bereits an. Der Wein von Jalits etwas dunkler in der Frucht, sehr cremig im Abgang, schmeckt. Eine Köstlichkeit kommt dann mit dem Szapary von Thomas Kopfensteiner – heller Charakter, leichtfüßig, pikant, salzig und elegant. Szapary vom Schützenhof prägt zur Zeit der Holzeinsatz, doch reifen kann das mit Sicherheit wunderbar. Thom Wachter hat zwei Weine von der Lage Szapary angestellt. Schon der erste überzeugt mit heller Frucht und mineralischer Ader, kann aber nicht mit der Subriede „Alter Garten“ mithalten – hochelegant, feinstrukturiert, superschick!
Weiter geht`s mit der direkt benachbarten Lage Saybritz, ebenfalls Blaufränkisch vom Schiefer. Nun im Vergleich mit Szapary… Mal sehen! Groszer Wein ist rotbeerig und charmant, wird aber von Kopfensteiners Saybritz verblasen – unglaubliche Finesse, Pikanz, mineralisch-salziger Zug, ganz großes Kino – mein Favorit in diesem Flight, obwohl Wachter-Wiesler und Thom Wachter nicht weit abgeschlagen sind… präzise, feinmineralisch, mit viel Spannung und Fokus. Wunderschöne Weine. Saybritz, ja, doch meine Lieblingslage, eine Spur feiner und spannender als Szapary.
Nun wird es lehmig. Die Riede Fasching ist vom Lehmboden geprägt und das wird in den drei Weinen von Jalits, StephanO und Walter Stubits deutlich spürbar. Gehaltvoll, dicht und ausgewogen. Mit all der Substanz darf man ihr Reifepotenzial nicht unterschätzen.
Der Flight von der bekannten Eisenberger Toplage Reihburg, ebenfalls mit höherem Lehmanteil, überzeugt mit Kraft und Balance. Höchst elegant der Wein von Kopfensteiner – kompakt, tief und fest, toller Säurestrang. Wird allerdings noch getoppt von Wachter-Wiesler, unglaublich saftig, fast zitroniges Säurespiel, superpikant, mit feinkörnigsten Tanninen.
Von der Ried Weinberg in Deutsch-Schützen, wo wieder lehmige Böden dominieren, bietet der Wein von Wachter-Wiesler erneut ein Highlight – unglaublich pikant und frisch, rotbeerige Frucht, Hibiskus und Hagebutten, toll griffig.
Schützenhof und Wachter-Wiesler präsentieren die Ried Ratschen, ebenfalls in Deutsch-Schützen, aber mit etwas sandigeren Böden. Unterschiedliche Interpretationen einer Lage, mit spürbarem Holzeinsatz beim Schützenhof – das braucht Zeit – und mit kirschig-kühlem Charakter abermals ein wunderbar anregender Wein von Wachter-Wiesler.
Weiter geht’s gleich mit Leithaberg Rot vom Jahrgang 2016…
Schiefer- und Kalklagen im Wechselspiel
Im ersten Leithaberg-Flight stehen der Jungenberg von Markus Altenburger und der Jungenberg von John Nittnaus direkt nebeneinander – zwei High-End-Blaufränkisch vom Glimmerschiefer und der feine Jahrgang 2016 zeigt hier mal gleich, was er kann! Altenburgers Wein ist jung und wild, unglaublich frisch, balanciert perfekt mit saftiger rotbeeriger Frucht und viel Grip. Nittnaus Jungenberg zeigt die gleich hohe Qualität mit viel Kirsche, großer Präzision, schiefriger Würze und Griff in der Länge. Beide spielen ganz großes Kino und ich weigere mich zu entscheiden, welchen ich lieber mag.
Vom Schiefer kann hier nur noch Gernot Heinrichs Edelgraben (fast) mithalten, der dunkelwürzig-mineralisch und unglaublich fordend daherkommt, enorme Spannung und Zug besitzt, aber definitiv nichts für Einsteiger ist. Das braucht viel Zeit, genauso wie Georg Prielers Goldberg.
Prielers köstlicher Ried Marienthal hingegen wächst auf einer Kalklage und lässt mich ein Loblied auf seine Tiefgründigkeit, Kompaktheit, Balance und Feinwürzigkeit singen; noch fordern die Tannine, doch eine große Zukunft steht diesem Blaufränkisch zweifellos bevor. Zu den großen Highlights vom Kalk zählen auch Birgit Braunsteins eleganter Ried Thenau – saftige Frucht, fest, salzige Minerlität, Altenburgers straffer Gritschenberg, der zur Zeit Unterholz und Waldwürze betont, dazu ganz viel Grip und festen Zug mitbringt sowie Gernot Heinrichs Alter Berg, dessen Reduktivität sich gerade in Richtung Wurzelgemüse entwickelt; herbe Blutorangen und getrocknete Heidelbeeren hüllen die höchst erfrischende Säure ein, sehr lebhaft, sehr eigenständig.
Fazit: Eine beeindruckendes Tasting. Ganz große Qualität wächst heute in den Top-Rieden der Gebiete Eisenberg DAC und Leithaberg DAC. Besondere Leichtfüßigkeit und Filigranität, helle Frucht, dazu Schieferwürze machen oft ein vom Schieferboden geprägtes Terroir im Wein nachvollziehbar. Chapeau an die Winzer und Winzerinnen! Dank an wine & partners für die perfekte Organisation der Verkostung!