Welsch-Welle?

Welsch-Welle?

Der Welschriesling geriet als ausdrucksloser Leichtwein in Verruf. Heute sehen ihn manche Winzer als Zukunftshoffnung – zurecht, wie eine Verkostung von 30 hochwertigen Exemplaren zeigte.

Der österreichische „Wösch“ gilt in erster Linie als spritziger, möglichst jung zu trinkender Sommerwein. Jahrzehntelang war nicht Qualität, sondern Quantität erwünscht und in diesem Sinn bauten die Winzer ihren Welschriesling auch an und aus. Im Weinviertel liefert er zudem jede Menge Sektgrundwein. So ist er in Bezug auf die Fläche Österreichs zweitwichtigste Weißweinsorte.
Die Grande Dame des Weinjournalismus Jancis Robinson bezeichnete den Welschriesling als eine „unfairly maligned variety“ – also eine zu Unrecht geschmähte Sorte. Damit hat sie zweifellos recht.

Zukunftshoffnung

Mit wachsender Begeisterung widmen sich Winzer und Winzerinnen in der Steiermark und im Burgenland seit einigen Jahren einem neuen hochwertigen Welschriesling-Stil. Sie erkennen Potenzial in der unterschätzten traditionellen Rebe, die sehr trockenheits- und hitzeresistent ist – positive Eigenschaften in Zeiten der Klimaveränderung. Der südsteirische Winzer Wolfgang Maitz beschreibt die Vorteile so: „Welschriesling treibt spät aus und reift spät, der Alkoholgehalt ist moderat und er hält eine super Säure. Er ist definitiv eine Sorte, mit der wir in die Zukunft gehen wollen.“

Neuinterpretationen

Im Burgenland, wo der autochthone Welschriesling seit jeher entweder als einfacher Spritzwein oder als Trockenbeerenauslese vinifziert wurde – dazwischen gab es nichts! – hat die Golser Winzerin Judith Beck die Rebsorte neu interpretiert. 2014 begann sie auch beim Welschriesling mit Schalenkontakt zu arbeiten, ihn also  auf der Maische zu vergären. „Es ist hochinteressant, wie viele Aromen auf diese Art und Weise auftauchen. Durch den Maischekontakt wird der ‚neutrale’ Welschriesling zu einer extrem spannenden Sorte“, erklärt die biodynamisch arbeitende Winzerin. Als Teil ihrer Naturweinserie „Bambule“ präsentiert sich der Welschriesling als wunderbar saftiger, strukturierter und vielschichtiger Wein. Für Gernot Heinrichs köstlichen Welschriesling „Freyheit“ sollte man ebenfalls alle vorherigen Vorstellungen von der Sorte über Bord werfen. Und Achtung: „Vor Genuss schütteln!“

Herkunftsfragen

Die Herkunft des Welschriesling konnte bis jetzt nicht geklärt werden und er besitzt viele Synonyme. In Kroatien stellt er als „Graševina“ die meist verbreitete weiße Sorte dar und in Italien heißt er „Riesling italico“ – obwohl zur Sorte Riesling null Verwandschaft besteht. Judith Beck überlegt, ob sie den Sortennamen in Zukunft noch auf das Etikett schreiben soll: „Im Export ist der Name wirklich ein Problem. In Welschriesling steckt eben Riesling drin – viele Leute verwirrt das.“
Der Spitzenwinzer Manfred Tement füllt in der Südsteiermark zwei großartige Lagen-Welschrieslinge in die Flasche, den Welschriesling Ottenberg Veitlhansl und den Welschriesling „Weinstock“. Er meint: „Welschriesling-Anlagen mit alten Reben gibt es genug. In der Steiermark könnten wir auch im größeren Stil Premium-Welschriesling erzeugen, aber ob der Markt anzieht – das ist die Frage! Allerdings haben wir den Welschriesling jahrzehntelang gar nicht bei Verkostungen gezeigt, weil uns andere Sorten wie Sauvignon blanc weit wichtiger waren. Heute jedoch sehen wir ihn als Wein der Zukunft, weil wir eine Sorte brauchen, die weniger Eigenaromatik besitzt und stattdessen Herkunft transportiert.“