Das Aushängeschild des Friaul, der Collio Bianco, kann aus einer einzigen oder aus bis zu zwölf verschiedenen Rebsorten bestehen. Um seine Erfolgsgeschichte fortzuschreiben, bedarf es der Schärfung seines Profils.
Robert Princic vom Weingut Gradisciutta ist der Präsident des 167 Mitglieder umfassenden Consorzio Collio. Er widmet sich intensiv der schwierigen Aufgabe, die unterschiedlichen Ansichten seiner Winzer-Kollegen zum Collio Bianco unter einen Hut zu bringen. Der Paradewein der Region kann nämlich sowohl als kraftvoller, Barrique-geprägter Blend aus Pinot grigio, Sauvignon blanc und Chardonnay, als auch als feingliedrige Cuvée von den autochthonen Sorten des Collio in die Flasche gefüllt werden. Princic erklärt die Stil-Unterschiede so: „Die Philosophie lautet, dass die Topqualitäten eines jeden Betriebes in den Collio Bianco wandern sollen. Da die Winzer ihre besten Qualitäten aber aus vielen unterschiedlichen Rebsorten gewinnen, ergibt der Collio Bianco derzeit kein konsistentes, sondern ein uneinheitliches Bild. In Hinblick auf die Vermarktung sollten wir das unbedingt ändern.“
Was prägt das Collio?
Im Nordosten Italiens, unweit von Udine, zwischen den Flüssen Judrio im Westen und dem Isonzo im Osten, schmiegt sich das Collio als halbmondförmiges Band an die Grenze zu Slowenien. Die Julischen Alpen im Norden und die Adria im Süden beeinflussen das Klima. Es gilt als „mild“, denn die Berge halten kalte Winde meist ab. Die dennoch markanten Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht wirken positiv auf die Aromaausprägung der Trauben. Durchlässige Flysch-Böden können die großen Niederschlagsmengen – zwischen 1.300 und 1.400mm pro Jahr – aufnehmen und die warmen adriatischen Winde trocknen die Trauben rasch, sodass Pilzkrankheiten kein allzu großes Problem darstellen.
Weiße Vielfalt
Das Collio besitzt lediglich 1.500 Hektar Reben, der Weißweinanteil beträgt 80 Prozent und die traditionellen Rebsorten heißen Friulano (ehemals Tocai), Ribolla gialla und Malvasia (= Malvasia istriana). Dieses Trio nimmt aber kaum ein Viertel der Fläche ein, da internationale Sorten die größte Verbreitung besitzen. Sauvignon blanc, Chardonnay, Pinot grigio und Pinot bianco gelangten bereits vor über hundert Jahren ins Collio, legten aber erst in den Sechziger- und Siebzigerjahren massiv zu, als die Winzer auf der Suche nach Ertragssicherheit waren. Da sie in jener Zeit viele verschiedene Sorten ausprobierten, gibt es heute auch Restbestände von Riesling, Traminer oder Müller-Thurgau.
Ungeklärte Stilfrage
Mit kraftvollen, dichten Sauvignon blancs feierte das Collio erste internationale Erfolge und etablierte sich im Lauf der Neunziger Jahre als Herkunft von sortenrein ausgebauten, eher fülligen Weißweinen. Um auch dem gebietstypischen Blend „Collio Bianco“ zu mehr Ansehen zu verhelfen, wurden Anfang der Neunziger Jahre die Vorschriften für seine Herstellung liberalisiert. Seitdem kann er aus einer einzigen oder aus bis zu zwölf Weißweinsorten bestehen und für die Konsumenten ist meist unklar, was zu erwarten ist: eine filigrane Cuvée aus Friulano und Ribolla gialla? Oder doch ein gehaltvoller Blend von Pinot grigio und Chardonnay?
Noch herrscht keine Einigkeit unter den Winzern, wie der Collio Bianco in Zukunft aussehen soll. Sollen lediglich die drei autochtonen Sorten in den Collio Bianco wandern, da sie das Terroir und die Herkunft „Collio“ am besten widerspiegeln? In diesem Fall wäre die Fläche limitiert, denn die Spitzenreiter im Rebsortenspiegel sind Pinot grigio (25 Prozent) und Sauvignon blanc (20 Prozent). Zwar pflanzen die Winzer ihre autochthonen Reben bereits wieder verstärkt aus, doch steht der oft für Basisweine verwendete Friulano weiterhin bei nur 15 Prozent, die inzwischen auch reinsortig am Markt gefragte Ribolla gialla bei weniger als 10 Prozent und Malvasia bei mageren drei Prozent.
Spiel zwischen Eleganz und Kraft
Von dem autochthonen Sortentrio ist nicht nur der Winzer Edi Keber überzeugt, der viel Wert auf Eleganz legt: „Es handelt sich um die optimale Kombination. Der dezente Friulano bildet die Basis der Cuvée, Malvasia sorgt für Aroma, Säure und Rückgrat, Ribolla für Frische. Beim Collio Bianco soll das Terroir und nicht das Winemaking im Vordergrund stehen.“
Robert Princic gibt zu: „Wenn ich heute Weingärten neu ausgepflanze, dann sind die autochthonen Sorten an der Reihe. Trotzdem, meine Hauptsorte bleibt Pinot grigio. Den Collio Bianco auf Friulano, Ribolla und Malvasia zu beschränken, wird schwierig werden. Da sträuben sich viele Winzer dagegen.“ Sie möchten Sauvignon blanc, Pinot grigio und Chardonnay als mögliche Cuvée-Partner im Collio Bianco behalten, da diese Sorten für Qualitätspotenzial und Langlebigkeit stehen. Dennoch, Weinfreunde, die einen puristischen und straffen Weinstil bevorzugen, werden eher einem Collio Bianco aus Friulano, Ribolla und Malvasia zugeneigt sein, der weniger mit Kraft denn mit Eleganz überzeugt. Die Produzenten müssen bald entscheiden, welchen Stil sie in Zukunft verfolgen, um dann nach außen umso geschlossener auftreten zu können.